Gebrauchskunst für den Alltag


Appenzeller Zeitung vom 6. April

Bei diesen Kunstwerken ist Anfassen explizit erlaubt: Ingrid Koss Staffa hat eine Stuhl-Kollektion erschaffen, die nicht fürs Museum, sondern für den Gebrauch bestimmt ist. Heute eröffnet die Waldstätterin ihre Ausstellung in der Vinothek Gostomundo in St. Gallen.

JULIA NEHMIZ

WALDSTATT. Das «Lächeln der Stühle», so nennt Ingrid Koss Staffa ihr neustes Werk. Dafür stöberte sie durch Brockenhäuser, auf Flohmärkten oder in Trödelläden. Sechsmal wurde sie fündig: «Nur Klassiker» werden von der Künstlerin bearbeitet. Abschmirgeln, ablaugen, gebrochene oder lose Stuhlbeine und Armlehnen restaurieren, grundieren. Und schliesslich den Stuhl in ein modernes Kunstobjekt verwandeln.

«Gebrauchskunst»
Die Früchte ihres Schaffens stellt Koss Staffa ab heute im Kunstraum der St. Galler Vinothek Gostomundo aus. «Soriso» heisst ihre erste Stuhl-Kollektion. «Meine Stühle sind Gebrauchskunst», sagt Koss Staffa. Viele Leute hätten keinen Platz für Kunstwerke – ihre könne man benutzen, «in den Alltag integrieren, mit der Kunst leben».
Die sechs von ihr gestalteten Stühle tanzen förmlich im Raum. Bemalt, beklebt, Fotos ihrer Arbeiten darauf appliziert, bereit, neue Besitzer oder Besitzerinnen zu finden. «Diese Arbeiten haben mir viel Freude bereitet», sagt die Waldstätterin. Sie plant, weitere Stühle zu gestalten, «Ideen sind noch Hunderte da».
Wie findet sie eigentlich ihre Ideen? Koss Staffa lächelt, das wird sie oft gefragt. «Kunst ist ein intuitiver, kreativer Prozess», sagt sie, «sie entsteht.» Sie arbeite gerne ganz vertieft für sich selber. Die Idee, an Stühlen zu arbeiten, war einfach da. Der Stuhl, den sie bearbeitet, «wird zuerst leergemacht». Bis er fertig gestaltet ist, sei es ein langer Weg.

Kunst aus Altpapier
Eine lange Schaffensphase erlebte auch die «Samenkapsel». Vergangenen Sommer experimentierte Koss Staffa mit Zeitungspapier. Das, was andere ins Altpapier werfen, verwandelte sie in ein Kunstobjekt.
Wochenlang tüftelte sie, wie sie nur aus Zeitung und Wasser ein Objekt herstellen könnte. Sie experimentierte mit Trocknungszeiten, an der Dicke der Schichten, wie die «Zeitungskugel» bearbeitet werden kann. Die Arbeit eines ganzen Sommers prangt auf einem kleinen Tischchen, «Samenkapsel vom grossschnabeligen Pressebaum» hat Koss Staffa ihr Werk genannt.
Der Waldstätterin fällt es nicht schwer, sich von ihren Werken zu trennen. «Am schönsten ist es, wenn jemand kommt und sagt <dieses Werk ist so schön, ich habe mich verliebt>», sagt die Künstlerin, «dann verkaufe ich gerne.»

Ingrid Koss Staffa im Gostomundo Feldlistrasse 31 a, St. Gallen Vernissage heute 15 Uhr, Finissage 27. April, 15 Uhr täglich (ausser Montag) 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr; Donnerstag bis 20.00 Uhr; Samstag ab 10.00 Uhr