Japan im Kopf und am Körper


Appenzeller Zeitung vom 27. August 2016

Hansjörg von Brevern ist fasziniert von Ostasien. Er lebte fünf Jahre in Tokio, später in Taipeh und in Hongkong. Heute ist er wieder in Waldstatt zu Hause. Er betreibt einen Onlineshop für das Modelabel Minsobi aus Japan.

STEPHANIE SONDEREGGER

WALDSTATT. «Der Flug von Taipeh nach Zürich war ganz schön anstrengend», sagt Hansjörg von Brevern. Er wirkt müde. Der Jetlag sitzt ihm in den Knochen. Doch er wird wieder fliegen, denn der 55-Jährige ist fasziniert von Ostasien. Mit Japan verbinden ihn nicht nur viele Erinnerungen, sondern auch sein Schweizer Onlineshop des Modelabels Minsobi.

Durch die Swissair nach Japan
Hansjörg von Brevern ist kein typischer Appenzeller. Seine schwarze Hose mit dem tiefen Schritt, seine kecke Frisur und seine ungezwungene Art zu kommunizieren sind anders, als man es hierzulande gewohnt ist. Und doch ist er ein gebürtiger Waldstätter. Einer, der sich spätestens durch seinen Hinterländer Dialekt verrät. «Ich bin ein Exot, ich weiss», sagt er. «Damit habe ich aber überhaupt kein Problem.» Zum Exoten wurde Hansjörg von Brevern mitunter durch sein grosses Interesse an der asiatischen Kultur. Einst als Flugbegleiter bei der Swissair tätig, entdeckte er bald schon seine Faszination für die dortigen Weltstädte. Tokio hatte es ihm besonders angetan.

Ohne viel Erspartes, ohne Visum und Arbeit zog es ihn Mitte der 80er-Jahre in die Hauptstadt Japans. Innert zwölf Monaten lernte er die Sprache und engagierte sich für eine britische Airline, für die er die Koordination der Flugbegleiter übernahm. Ein Jahr später wechselte der Waldstätter mit Abschluss an der Textilfachschule St. Gallen den Job und kam zu der Schweizer Handelsfirma Siber Hegner. «Dort wurde ich im Marketing eingesetzt. Ich lernte alles von der Pike auf – besonders das Analysieren der japanischen Märkte und Zielgruppen», so von Brevern über seine Arbeit mit Produkten wie den Brillen der deutschen Marke Alpina.

Für «Triumph» in Hongkong
Nach fünf Jahren in Tokio erhielt Hansjörg von Brevern 1990 ein Angebot aus Taiwan für eine Marketingstelle im Fashionbereich. Auch dort kümmerte er sich erfolgreich um seine Produkte – in diesem Fall eine Modelinie. Bereits ein Jahr später entschied sich der Waldstätter für die Rückkehr in die Schweiz. «Ich wollte den Anschluss nicht verpassen», sagt er. Von Brevern wurde von dem Textilunternehmen Legler beauftragt, eine Marketingstudie über den Textilmarkt Polens und der umliegenden Länder anzufertigen.

Noch im gleichen Jahr wurde er von dem Unterwäschehersteller Triumph International abgeworben, mit dem Ziel, ihn im damals britisch organisierten Hongkong einzusetzen. «Dort habe ich Kollektionen zusammengestellt und Konzepte geschrieben», so von Brevern. Im Gegensatz zu Japan blieb ihm in Hongkong keine Zeit, um Chinesisch zu lernen. Überhaupt seien die beiden Weltmetropolen sehr unterschiedlich gewesen zu dieser Zeit. «Hongkong war multikulturell, während Japan organisiert und geregelt war.»

Einschneidendes Erlebnis
Mitte der 90er-Jahre zog es Hansjörg van Brevern erneut in die Schweiz. Er arbeitete für die Firma Camel, ehe er 1997 nach London ging. Dort studierte er Wirtschaftsinformatik. Nach seiner Rückkehr arbeitete er kurzzeitig an seiner Doktorarbeit in Bern, bevor es ihn wieder ins Appenzellerland verschlug, wo er bis heute lebt. «Meine Mutter war schwer erkrankt und verstarb darauf.» Ein einschneidendes Erlebnis. «Ich merkte, dass ich etwas für mich tun musste.»

Während seiner Anstellung bei einer Bank als Business Analyst begann er, sich mit der japanischen Mode auseinanderzusetzen. Denn die fehlte ihm in der Schweiz. «Ich analysierte Onlineshops und bestellte vieles.» Er lernte einen koreanischen Jungdesigner kennen, der in Japan Modedesign studiert hatte. «Kim hatte sich kurz darauf mit seinem Label Minsobi selbständig gemacht.» Der perfekte Zeitpunkt, um zuzuschlagen – dachte sich Hansjörg von Brevern. Doch es dauerte seine Zeit, bis er den Designer von seiner Idee überzeugt hatte, seine Mode in der Schweiz zu vertreiben. Unterdessen betreibt Hansjörg von Brevern seinen Minsobi-Onlineshop bereits seit November 2014. «Zu Beginn wurde ich fast überrannt», sagt er. «Die Mode kommt hier gut an.» Inzwischen habe er unter den Stammkunden sogar Freunde gefunden.

Doch das Ziel ist längst nicht erreicht. Hansjörg von Brevern hat bereits neue Pläne. «Der Gedanke, wieder nach Tokio zu ziehen, ist da.» Doch noch schlüpft der Waldstätter regelmässig in seinen Anzug. Denn seine Tätigkeit als Business Analyst bei einer Bank hat er nicht aufgegeben. «Auch wenn mir das mit dem Anzug gar nicht gefällt.»


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