Mit ihr soll der Freisinn aufblühen

«Ein Parteipräsidium war kein Kindheitstraum», sagt Monika Bodenmann, seit April Präsidentin der FDP Appenzell Ausserrhoden. (Bild: mge)


Appenzeller Zeitung vom 10. Mai

Genau zuhören und herausfinden, was die Menschen beschäftigt: Das will Monika Bodenmann, die neue Präsidentin der Ausserrhoder FDP. Ohne die letztjährige Wahlniederlage hätte sie sich wohl nie für das Amt zur Verfügung gestellt.

MICHAEL GENOVA

AUSSERRHODEN. Es gibt eine Fotografie, die gut verdeutlicht, warum Monika Bodenmann neue Präsidentin der Ausserrhoder Freisinnigen geworden ist. Die Wahlkampfleiterin steht mit weit aufgerissenen Augen neben dem FDP-Kandidaten Markus Bänziger und schaut auf die Anzeigewand im Wahlstübli. Es ist der Moment, als bekannt wird, dass Konkurrent David Zuberbühler den Nationalratssitz für die SVP gewonnen hat. Das war im vergangenen Oktober. Nun sitzt Bodenmann im Restaurant der Schaukäserei in Stein und sagt rückblickend: «Wir haben die Welt nicht mehr verstanden.»

Diese Niederlage hat Bodenmann tief erschüttert. Und gleichzeitig gab sie den Anstoss. «Wir sind noch immer eine führende Partei, jedoch nicht mehr die einzige staatstragende Kraft», sagt sie. Nicht der Kandidat Bänziger sei verantwortlich für die verlorene Wahl. Das Ergebnis zeige, dass die FDP den Kontakt zur Basis verbessern müsse. Mit der SVP ist der Partei eine volksnahe Konkurrenz erwachsen. Und auch im verkleinerten Regierungsrat ging die freisinnige Dominanz verloren. Unter Bodenmann muss die einstige Mehrheitspartei neu lernen, Wahlkämpfe zu gewinnen.

Die Politik entdeckte sie spät
Dabei war lange nicht klar, dass aus Monika Bodenmann einmal eine politische Strategin würde. «Ein Parteipräsidium war kein Kindheitstraum», sagt sie. Als Teenager sah sie Politik als langweilige Beschäftigung für «graue Mäuse». Ihr politisches Erweckungserlebnis hatte sie erst mit Mitte zwanzig. Der damalige FDP-Parteipräsident Franz Steinegger hinterliess bei Bodenmann einen nachhaltigen Eindruck: «Seine direkte Art, sein Charisma.» In Waldstatt übernahm Bodenmann später ihr erstes politisches Amt und wurde Schulpräsidentin. Im Jahr 2012 wählten sie die Einwohner gegen ihren Willen zur Gemeindepräsidentin. Bodenmann übernahm trotzdem und führte das Amt interimistisch während zwölf Monaten. Es war kein Spaziergang. Die finanzielle Lage der Gemeinde Waldstatt war angespannt, und Bodenmann musste mehrere Sparmassnahmen einleiten. Der heutige Gemeindepräsident Andreas Gantenbein präsidierte damals die Finanzkommission. Bodenmann habe die Empfehlungen und Beschlüsse der Kommission angenommen und im Gemeinderat vertreten, erinnert er sich.

Themen früher erkennen
Ähnlich wie schon in Waldstatt gibt es auch beim FDP-Präsidium für Monika Bodenmann keine Garantie auf Lorbeeren. «Ich denke nicht in erster Linie ans Scheitern», sagt sie. Bodenmann will, dass die Freisinnigen wieder früher erkennen, welche Themen die Menschen beschäftigen. Dazu zählt sie die Zukunft der Spitäler und Sekundarschulen, den Autobahnzubringer Appenzellerland, aber auch die Gemeindestrukturen. Und die Flüchtlingskrise? «Ja, wir müssen die Ängste der Bevölkerung ernst nehmen», sagt sie. Die Flüchtlingsfrage sei im vergangenen Wahlherbst vielleicht zu wenig intensiv diskutiert worden. Plakative Aussagen im Stile der SVP seien aber der falsche Weg. «Wir sollten Lösungen aufzeigen.»

Starker Wunsch nach Konsens
Die Ausserrhoder FDP steht laut Bodenmann für einen «pragmatischen Freisinn», der Platz für alle biete. Sie selbst ordnet sich im politischen Spektrum rechts der Mitte ein. Trotz der Meinungsvielfalt ist es ihr Ziel, in der Partei immer wieder eine einheitliche Haltung zu finden. Das ist bisweilen schwierig, wie die jüngste Abstimmung über den Vaterschaftsurlaub im Kantonsrat zeigt. Der Regierungsrat forderte zehn Tage Ferien für Väter. Die FDP machte einen Kompromissvorschlag von fünf Tagen, den die damals designierte Präsidentin mit drei Tagen unterbot. In der Schlussabstimmung gewann der Vorschlag der Regierung – mit Bodenmann stimmte nur der wirtschaftsliberale Flügel der Partei.

Seit zwei Jahren ist Monika Bodenmann VR-Präsidentin der Appenzellerland Tourismus AG. In dieser Funktion erfüllt die Marketingplanerin viele repräsentative Aufgaben. Sie sagt: «Ich habe gerne Menschen um mich und kann unverkrampft auf sie zugehen.» Das habe sie von ihrem Vater geerbt, einem Transportunternehmer. Eine Eigenschaft, die im politischen Alltag vieles erleichtere. Bodenmann sieht sich als Teamarbeiterin: «Ich bin ein Mensch, der immer eine Win-win-Situation sucht.» Manchmal gebe es jedoch Situationen, wo jemand unterliege. Und wie reagierte sie auf einen persönlichen Frontalangriff? «Das muss ich noch lernen.» Glücklicherweise sei sie bislang davon verschont geblieben.