Für einmal den Tod bestimmen


Melanie Frischknecht wird als Gidiopfarrerin morgen den Umzug in Waldstatt anführen. (Bild: mas)

Appenzeller Zeitung vom 5. März

Als Gidiopfarrerin von Waldstatt kann Melanie Frischknecht über das Schicksal und den Tod des Gidio bestimmen. Über ein halbes Jahr arbeitete die 14-Jährige an der Organisation des Waldstätter Fasnachtsumzuges.
MARTIN SCHNEIDER

WALDSTATT. Morgen wird das Geheimnis um den Tod des Waldstätter Gidios gelüftet. Durch welche Umstände der Gidio das Zeitliche segnet, entscheidet in Waldstatt die Gidiopfarrerin. Dieses Jahr ist dies Melanie Frischknecht.

Das Amt der Gidiopfarrerin fordert viel Einsatz. «Als ich vor einem Jahr angefragt wurde, ob ich Gidiopfarrerin werden wolle, habe ich lange gebraucht, um mich zu entscheiden», sagte Melanie Frischknecht. Letztlich hat sie sich aber auf das Abenteuer eingelassen und im August vergangenen Jahres mit den Arbeiten begonnen. «Ich musste beispielsweise den Umzug organisieren, mit Sponsoren reden und die Gidiopredigt schreiben.» Ob sie das Amt der Gidiopfarrerin noch einmal annehmen würde? Darüber sei sie sich im Moment nicht sicher. «Nicht jede 14-Jährige kann von sich sagen, dass sie schon einmal ein Dorffest organisiert hat.» Andererseits sehe sie im Moment vor allem die Arbeit, welche dieses Amt mit sich bringe, und damit verbunden die spärliche Freizeit.

Die Oberstufenschülerin zieht dennoch eine positive Bilanz aus ihrem Jahr als Gidiopfarrerin. «Ich bin selbstsicherer geworden und habe gelernt, mich durchzusetzen.» Auch habe sie nun weniger Mühe beim Telefonieren mit Erwachsenen, was für die aktuell laufenden Bewerbungen ein enormer Vorteil sei.

Verschwiegenheit ist alles
Während der Gidio von Herisau dieses Jahr zum 170. Mal an einem gestohlenen Leckerli sterben muss, ist die Todesursache des Waldstätter Gidios jedes Jahr verschieden. Anstoss für dessen Tod geben zumeist aktuelle Themen. In der Vergangenheit wurde es bisweilen auch schon einmal makaber. Beispielsweise, als der Gidio 2009 in seiner Funktion als Bundesrat an einem Herzinfarkt starb – in Anspielung an den Herzinfarkt von Bundesrat Hans-Rudolf Merz. An welchen Folgen der Waldstätter Gidio dieses Jahr stirbt, bleibt bis zum Ende des Umzuges und der Predigt ein Geheimnis. Nur eine Handvoll Leute ist im Fall von Melanie Frischknecht in dessen Todesursache eingeweiht. «Derzeit wissen nur meine Mutter, mein Bruder sowie meine beste Kollegin und ich, woran der Gidio stirbt.»

Nachfolge geregelt
Ganz alleine war Melanie Frischknecht bei den Vorbereitungen auf ihren grossen Tag nicht. Ihre Klassenkameraden standen ihr in den vergangenen Monaten zur Seite. Beispielsweise als es galt, für den Funkensonntag im Dorf die Christbäume zu sammeln. «Ein paar von ihnen haben mir sehr viel geholfen, andere leider gar nicht.» Dadurch habe sie festgestellt, wie wichtig Freiwilligenarbeit für Vereine oder ein aktives Dorfleben sei.

Zur Seite gestanden ist ihr zu Beginn auch die Gidiopfarrerin des Vorjahres. «Beim ersten Treffen übergab sie mir die alten Ordner sowie das Gidiogewand und erklärte mir den Ablauf. Sie hat mir gesagt, wo es bei ihr Probleme gegeben hatte.» Der letzte Monat schliesslich war der intensivste während der ganzen Vorbereitungszeit gewesen. Nun aber steht alles bereit für den 5. März. Die Nachfolge von Melanie Frischknecht als Gidiopfarrerin ist ebenfalls geregelt. Doch auch hier gilt: Verschwiegenheit ist alles. Die Gidiopfarrerin 2015 wird nicht im Vorfeld, sondern erst während des Umzuges bekanntgegeben.

Als eine der letzten Arbeiten probierte die Gidiopfarrerin vergangene Woche zusammen mit den Trauergästen die Gewänder an. «Als wir das gemacht haben, freute ich mich, zuvorderst am Umzug laufen zu können», sagt die 14-Jährige.

Der Waldstätter Gidio-Umzug startet am Mittwoch, 5. März, um 14 Uhr beim Schulhaus Waldstatt. Der Funkensonntag findet am Sonntag, 9. März statt. Abmarsch ist um 18.30 Uhr beim Parkplatz des Mehrzweckgebäudes in Waldstatt.