Finalplatz im Visier


Appenzeller Zeitung vom 7. August

Linda Hansmann startet an der Armbrust-WM in Frankfurt über zehn Meter im Einzelwettbewerb. Nach einem leistungsmässigen Durchhänger hofft die Waldstätterin auf einen Finalplatz. Nur acht Schützen sind dort dabei.

URS HUWYLER

ARMBRUST. Während Monaten schoss die Waldstätterin Linda Hansmann Resultate wie eine Breitensportlerin. Das einst gelobte Talent schien in der Versenkung zu verschwinden. Bei Herisau-Waldstatt sorgten die Geschwister Carmen und Ralf Zellweger (Uzwil) für positive Ergebnisse. Sie schafften die Selektion für die EM in Innsbruck, ihre Vereinskollegin musste zu Hause bleiben. Ein Jahr später präsentiert sich die Ausgangslage umgekehrt. An der WM in Frankfurt sind die Zellwegers nicht dabei.

Morgen Freitag bestreitet die einen Tag vor dem Heiligen Abend 21 Jahre alt werdende Linda Hansmann den 10-m-Wettkampf bei den U23. 2012 durfte sie an der Heim-WM in Wil (15./373) und zuvor an der EM im Ägerital (17./361) Erfahrungen auf höchstem Niveau sammeln. Für den Final der Top 8 fehlten ihr jeweils einige Ringe. «Diesmal möchte ich in der Entscheidung dabei sein. Im Final ist dann vieles denkbar»; umschreibt sie ihre persönliche Zielsetzung.

Neuer Optimismus
Der wiedergewonnene Optimismus basiert auf der Neugestaltung des Umfeldes. BMS und Lehrabschlussprüfung waren für die Kauffrau neben dem Sport genug. «Danach blieb ich einige Monate ohne Job. Ich hätte den ganzen Tag trainieren können, doch es fehlte die Energie. Der Kopf war nicht frei», schaut Linda Hansmann mit gemischten Gefühlen zurück. Nun arbeitet sie in St. Margrethen und konnte sich nach Feierabend in Au im 10-m-Stand auf die WM vorbereiten. Einzig der Arbeitsweg sei etwas weit, fügt sie an. Es könnte sein, dass sie mittelfristig – mit ihrem Freund – umzieht.

In Frankfurt wird die Stehend-Spezialistin den Indoor-Einzelwettbewerb bestreiten. Über 30 m kommt die Team-EM-Dritte von 2009 nicht zum Einsatz. Der Weg zurück soll Schritt für Schritt und nicht durch einen Kraftakt erfolgen. «Künftig werde ich mich», so die Medaillengewinnerin an Schweizer Meisterschaften, «auf beide Distanzen konzentrieren. In der laufenden Saison machte es wenig Sinn. Deshalb konzentrierte mich auf die 10-m-Distanz.»

Nicht vorbelastet
Linda Hansmann gilt als atypische Armbrustschützin. Dies, weil sie nicht wie der Grossteil der Tellensöhne und Töchter familiär vorbelastet ist, sondern als Zehnjährige eine Freundin zum Pfeil-und-Bogen-Sport begleitete. Die Kollegin hat die Armbrust inzwischen an den Nagel gehängt. «Ich weiss gar nicht mehr, ob mir der Sport anfänglich gefallen hat. Ich bin einfach mitgegangen und dabeigeblieben.»

Zusammen mit Carmen und Ralf Zellweger wurde Linda Hansmann 2014 als Ausserrhoder «Nachwuchssportler des Jahres» ausgezeichnet. Der Titel illustriert, wie sie sich sieht: als Sportlerin. «Armbrustschiessen ist ein Sport. Ich kenne zwar die Geschichte von Wilhelm Tell, aber sie hat mich nie in irgendeiner Weise beeinflusst.» Gefragt ist in der Grossstadt Frankfurt von der Junioren-Internationalen kein Apfelschuss, sondern eine hohe Punktzahl.