Waldstatts Küken im Bündnerland

Ramon Tanner (links) auf der Davoser Bank. Vier Eis- und mehrere Trockentrainings absolviert das Jungtalent mit dem Club und der Fördergruppe. (Bild: pf)



Appenzellerzeitung vom 10. September 2013

Ramon Tanner aus Waldstatt besucht seit drei Wochen das Sportgymnasium Davos. Er wohnt im Internat und spielt bei den Minis des HC Davos. Der Schüler ist gewohnt, mehr als der Durchschnitt zu trainieren. Heimweh verspüre er nicht, sagt der 14-Jährige.

LUKAS PFIFFNER

EISHOCKEY. Das «natürliche» Einzugsgebiet des HC Davos ist topographisch bedingt sehr eingeschränkt – logisch, dass sich der Club aktiv um die Sichtung und Anwerbung von Talenten kümmert. Ramon Tanner aus Waldstatt machte vor zwei Jahren in der Ostschweizer Regionalauswahl auf sich aufmerksam; es entstanden Kontakte zu Trainer Vjeran Ivankovic.

In der vergangenen Saison spielte er sowohl für Herisau als auch mit einer B-Lizenz für die Davoser Mini-Top-Mannschaft. Ramon (Jahrgang 1999) wurde auf diese Saison hin in die Fördergruppe des HCD aufgenommen; er bestand die Aufnahmeprüfung für das Sportgymnasium Davos. Seit drei Wochen besucht er dort den Unterricht. Er ist einer von 30 neuen Absolventen. «Küken» werde er genannt. «Die Mehrheit der Hockeyspieler stösst erst im Novizenalter dazu», sagt Vater Niklaus.

Ein Jahr verlängert
Andere «Sportgymnasiasten» haben einen vierfachen Wechsel zu verarbeiten (Mannschaft, Umfeld, Schule, Wohnen). Bei Ramon war der Einstieg in diesem Sommer leichter, weil er in Verein und Ort schon viele Leute kannte. Zum Konzept des Sportgymnasiums (Richtung Wirtschaft und Recht) gehört, dass die Zeit bis zur Matura um ein Jahr verlängert ist. Damit wird den Trainings Rechnung getragen – und «den Absenzen am Montagvormittag, wenn er spät von einem Spiel zurückkehrt», wie der Vater erklärt.

Der berühmteste unter den Eishockeyspielern am Sportgymnasium war mit Jonas Hiller ebenfalls ein Ausserrhoder; mehr Absolventen gehören den Sparten Ski alpin und nordisch an.

«Jetzt gilt es»
Je vier Eistrainings pro Woche stehen mit dem Club und mit der Fördergruppe auf dem Programm, zudem mehrere Trockentrainings. Mehr als der Durchschnitt zu leisten, ist Ramon Tanner gewohnt. Zuletzt gehörte er der Sportschule Appenzellerland an; die erste und zweite Sekundarklasse besuchte er in Herisau, wo die Sekundarschule einer der Partner der Sportschule ist. Im Appenzeller Hinterland hält er sich praktisch nie mehr auf. Ein- bis zweimal pro Woche sieht er an Spielen die Eltern; dabei wird die Wäsche getauscht. «Nein, Heimweh habe ich nicht», sagt Ramon. «Speziell war es, nachdem ich die Aufnahmeprüfung bestanden hatte. Da wusste ich: Jetzt gilt es.» Nun freue er sich. Er sei zuversichtlich, am Gymnasium wie auf dem Eis Erfolg zu haben. Die Ziele: mit dem Team Erfolg haben, sich in der U15-Nationalmannschaft einen Platz sichern – und einmal in der NLA spielen.

Zwei Russen
In einem Tribünentrakt der Vaillant-Arena haben die Minis des HCD eine permanente Garderobe eingerichtet. Professionell sei die Betreuung, sagt Niklaus Tanner. Was aber nicht heisst, dass die Ämtli, die von Eltern zu leisten sind, wegfallen. Nächstes Mal sei er beim Kuchenbuffet eingeteilt, erzählt Ramons Vater am Testspiel gegen Dübendorf. Und die Bedienung des einen Strafbank-Türchens obliegt an diesem Tag mit Stefan Allenspach auch einem Herisauer (siehe Kasten). Die Meisterschaft beginnt am kommenden Wochenende. Als Center ist Ramon Tanner bei gegnerischem Puckbesitz dritter Verteidiger. Gegen Dübendorf ist die Nummer 7 auch offensiv aktiv und gehört zu den Torschützen. «Du könntest jedes Mal kommen, wenn er dann trifft», meint Ivankovic zum Fotografen aus Herisau. Nach dem Spiel nickt der Trainer dem Vater zu. «Er ist <zwäg>, läuft schon gut.» Der auffälligste Spieler trägt die Nummer 14. «Schade, dass der wohl bald nicht mehr zur Verfügung steht», sagt Ivankovic. Es handelt sich um Timofey Zagorodnikov. Er ist Russe. Auch in der Abwehr spielt einer. «Am Anfang haben wir uns in Englisch unterhalten. Jetzt sprechen sie ein paar Wörter Deutsch», erzählt Ramon. Für eine Aufnahme ins Sportgymnasium dürften die Kenntnisse kaum ausreichen. Beliebig lässt sich das Davoser Einzugsgebiet nicht ausweiten.