Auch ein Holzofen erlebt in 140 Jahren einiges



Appenzellerzeitung vom 8. August 2013

WALDSTATT. In der Sage zur Mordnacht in Luzern spielt ein Holzofen eine gewichtige Rolle. Ein Bub, der das Vorhaben eines Verrates mitbekam, musste nach seiner Stellung durch die Verräter schwören, dass er keiner Menschenseele etwas davon erzähle. In der Metzgerzunft setzte er sich daraufhin geplagt von Gewissensbissen neben den Holzofen und spach zu diesem: «O Ofen, Ofen, dir muss ich's klagen, denn ich darf's ja keinem Menschen sagen. Es sind viele Leute versammelt unter den grossen Schwibbogen bei der Egg. Sie wollen diese Nacht einen Mord in dieser Stadt vollbringen. O Ofen, Ofen, das ist die heilige Wahrheit!» Obwohl der Bub seinen Eid nicht brach, wurden die Anwesenden auf seinen Hinweis aufmerksam und konnten den geplanten Mord verhindern.

Holzofen statt Brutkasten
Keine Mordgeschichten, aber auch solche die sich dem Thema Leben oder Nichtleben widmen, hat der Holzofen von Christof Engetschwiler zu bieten. So sind einst im Hause der Holzofenbäckerei Zwillinge auf die Welt gekommen. Zu früh, Wochen vor dem erwünschten Geburtstermin, wie Christoph Engetschwiler erzählt. Auf dem rund 140jährigen Holzofen wurden die beiden Säuglinge in Körben gehegt und gepflegt. Brutkästen gab es damals noch keine. Auf dem Ofen fanden sie ideale Temperaturen für einen erfolgreichen Start ins Leben vor.

Zuerst die Glut, dann das Brot
Der Holzofen in der Bäckerei Engetschwiler ist während rund 20 Stunden pro Tag in Betrieb. Um ihn zu heizen verwendet Christof Engetschwiler Holzabschnitte. Eine Zimmerei liefert ihm das Holz fein säuberlich gebüschelt an. Zwischen 500 und 600 Büscheli und knapp 30 Ster Holz werden jährlich benötigt um dem Holzofen einzuheizen. Rund eine Stunde dauert es, bis der Ofen auf der gewünschten Temperatur ist. Geheizt wird nach dem alten Prinzip der direkten Hitze. Will heissen: Zuerst wird das Feuer entfacht, die Glut wird später entfernt und auf der gleichen Fläche werden die Produkte gebacken. (bei)